Into the Wild

Gerade habe ich den ganz frisch erschienenen ersten Band der Gesamtausgabe von Buddy Longway gelesen. Ich hätte fast vergessen, wie gut dieser Comic ist. Der vorliegende erste Band der Gesamtausgabe enthält vier Geschichten, sowie umfangreiches Bonusmaterial, darunter sind z.B. interessante Texte von Greg und Cosey. Vermutlich wird die von 1974 bis 2006 entstandene und 20 Alben umfassende Serie nun auf 5 Sammelbände aufgeteilt.

Buddy Longway

Zeichner und Autor Derib hat sein Handwerk im Studio Peyo (Die Schlümpfe) gelernt, und über lange Jahre die Indianerserie Yakari für Kinder gezeichnet, und seinen eigenen Stil entwickelt. Buddy Longway ist ebenfalls im Wilden Westen angesiedelt, richtet sich aber eher an Leser ab 12 Jahren bzw. an Erwachsene. Erzählt wir die Geschichte des titelgebenden Trappers, der die Indianerin Chinook heiratet, und sich in der abgeschiedene Wildnis Nordamerikas ansiedelt. Es ist eine Mischung aus Lebensgeschichte, Outdoor-Survival-Abenteuercomic und Western. Es geht um ein Leben in der Wildnis in teilweisen extremen Situationen, die an Romane von Jack London erinnern, und eine Position im Nirgendwo und zugleich zwischen den Fronten.

Buddy Longway Beispielpanel Gesamtausgabe 1

Ein Besonderheit des Comics ist, dass die Figuren über die Serie hinweg altern – bis zum traurigen Ende in Band 20. So springt die Geschichte beispielsweise bereits nach der zweiten Geschichte um sieben Jahre, in denen der Sohn der beiden Hauptfiguren vom Kleinkind zum Jungen heranwächst.

Außerdem zeichnet Derib ein sehr ambivalentes Bild des Westens. Gute Cowboys mit weißen, böse Cowboys mit schwarzen Hüten, oder gute Weiße gegen böse Indianer – so etwas gibt es in dieser Serie nicht. Für die Entstehungszeit ist die Serie modern, und auch wenn die Zeichnungen das Entstehungsalter erahnen lassen und aus der Zeit wirken, lässt sich der Comic auch heute noch sehr gut lesen. Natürlich gibt es da auch sehr viel Western- und Outdoor-Romantik, und auch eine Prise Kitsch. Aber Derib unterbricht diese immer wieder mit teilweisen auch recht harten, realistisch anmutenden Szenen. Zum Glück stammt der Comic aus einer Zeit, in der man noch nicht versucht hat, immer möglichst krass zu sein oder immer noch einen oben drauf zu setzen. Oberflächliche Heldenhaftigkeit gibt es eigentlich gar nicht, es herrscht ein humanistischer Grundton.

Buddy Longway Beispielpanel Gesamtausgabe 1

Sehr schön mit anzusehen ist auch, wie Derib innerhalb der ersten vier Alben seinen Stil sanft von semi-funny zu realistischeren Zeichnungen entwickelt. Derib verbindet eine souveränen Erzählweise, mit wunderbaren Bildkompositionen, in denen er die Protagonisten und die Natur Nordamerikas darstellt. Zum anderen wirken die erdigen Farben in analoger Kolorierung wohltuend anders als der aktuelle Photoshop-Mainstream, der uns tagtäglich aufs Auge gedrückt wird. Wenn man über ein Buch in die Wildnis abtauchen möchte, dann bitte so.

Buddy Longway, Gesamtausgabe Band 1 – Chinook
von Derib
Egmont Comic Collection
Hardcover, 225 Seiten, in Farbe, 34.99 EUR