Der Ring des Nibelungen

Mit diesem Meisterwerk und Ziegelstein von einem Comic (rund 450 Seiten), der Comicadaption und Gesamtausgabe der berühmten Wagner Oper schließen wir unseren Weihnachtskalender. P. Craig Russell liefert hier ein Meisterwerk ab, welches vom Cross Cult Verlag in sehr schöner Aufmachung präsentiert wird.



Klar, das Buch ist mit 50 EUR nicht gerade geschenkt. Aber wie ein Kunde und begeisterter Leser des Comics mal sehr treffend zu mir sagte: günstiger als eine Karte für die Festspiele in Bayreuth. Schaut es euch einfach mal an, schlachtet das Sparschwein, nehmt einen Kredit auf, verkauft ein paar der weniger guten Comics!

Der Ring des Nibelungen, Hardcover, 448 Seiten in Farbe, Cross Cult, 49.99 EUR

Was für ein Comic, was für ein Jahr. Wir hoffen, dass ihr ein paar Tipps mitnehmen konntet, oder einfach etwas Spaß an unseren launigen Texten unseres Adventskalenders hattet. Falls ihr nicht aus Berlin seid: ihr könnt natürlich alle Comics auch bei uns per Mailorder bestellen.

An der Stelle möchte ich mich bei all unseren Kunden bedanken, die uns auch dieses Jahr wieder die Treue gehalten haben. Die auch mal Geduld hatten, wenn die Logistik etwas länger gedauert hat. Ich freue mich schon auf nächstes Jahr und die Fachsimpeleien im Laden. Schaut ruhig auch mal zwischen den Feiertagen hier vorbei, ich werde noch kurz zwei, drei meiner Lieblingscomics des Jahres vorstellen.

Wir wünschen euch allen ein friedliches Weihnachtsfest und erholsame Tage!

Sigi – Operation Brünnhild

In zwei Jahren und einem Monat um die Welt – die erfolgreiche Rennfahrerin Clärenore Stinnes umrundete von 1927 bis 1929 die Erde in einem Reihenwagen. Diese wahre Geschichte dient dem Comic „Sigi“ als Inspiration.

Arnoux und Morancho adaptieren die historische Geschichte nicht ganz so bierernst und auch nicht hundertprozentig diszipliniert. Sigi ist ein Unterhaltungscomic und kein Geschichtsbuch. Der Comic führt uns in die Zeit der Entdeckungen und Abenteuer. Keine Smartphones, kein Internet, kein GPS, schlechte (oder keine) Straßen, kein ADAC. Kameratechnik, die man eher zu zweit auf der Schulter als in der Hosentasche trägt. Klapprige Holzbrücken, wunderbare Autos mit Stoßstange, und eine toughe Protagonistin. In sehr schönen Bildern erzählen Zeichner und Autor eine leichte Geschichte mit einigen historischen Parallelen mit einem zusätzlichen fiktiven Spin um einen finsteren Widersacher.

Ich mag ja richtig gut gezeichnete Comics alter Schule, und habe bestimmte Vorstellungen was Ästhetik und Stil klassischer Alben angeht. Der vorliegende Band hier ist für mich eine Tafel Schokolade unter diesen Comics. Arnoux und Morancho wissen, wie man’s macht.

Sigi Band 1 Operation Brünnhild, Schreiber und Leser, 17.95 EUR

Head Lopper

Das Inselreich Bara. Auftritt Norgal, der Köpfer, Vollstrecker, Sohn des Minotauren. Hat keine Hörner (abgesehen von seinem Helm) und kein Stierantlitz, dafür sein getreues Schwert. Zudem Agatha Blauhexe im Handgepäck. Besser gesagt, ihren ständig plappernden und nach Fleisch gierenden Kopf.

Der Köpfer ist muskelbepackt, hat einen großen, weißen Bart, ist schnell, wendig und eben ein formidabler … Enthaupter! Auf Durchreise in Bara, wo andauernd Monster und andere Angreifer lauern, hat seine Klinge ziemlich viel zu tun.

Als Königin Abigail den Köpfer beauftragt, den Zauberer vom schwarzen Moor zu töten, um Bara von der Plage an Kreaturen zu befreien, ahnt Norgal nicht, dass im Hintergrund eine gefährliche Intrige gesponnen wird. Für die Strippenzieher stellt er bloß eine Spielfigur dar, die sie ihrem dunklen Ziel näher bringen soll. Und auch Agatha Blauhexe zieht Aufmerksamkeit auf sich …

Andrew Maclean nimmt uns mit auf einen rasant-epischen Abenteuertrip, der von Anfang bis Ende actionreich und unterhaltsam ist. In einer überzogenen Cartoon-Manier fliegen Köpfe, spritzen die Blutfontänen. Der Held ist einzig durch Agatha aus der Ruhe zu bringen, die ihn unentwegt volllabert. Übrigens sind die beiden keineswegs befreundet, ganz im Gegenteil!

Ob Norgal, die blaue Hexe, Mönche oder Bestien: die Figurengestaltung ist großartig, einfallsreich und mit viel Liebe zu Details und Farben zu Papier gebracht.

Auch die Perspektiven aus denen die Kämpfe und anderen Ereignisse dargestellt werden, bieten Abwechslung und bringen ein enormes, erzählerisches Tempo mit. Doch auch witzige Sprüche kommen nicht zu kurz.

Das Setting führt Norgal an verschiedene Orte von Baras. Allesamt sind spannend zu erkunden und bilden eine Welt, die Lust macht auf mehr. Zum Glück warten schon die Fortsetzungen auf alle, die mit dem Köpfer in Band Eins eine gute Zeit hatten!

Head Lopper, bisher 3 Bände (Band 4 folgt am 15.04.2024), je nach Band 22 bis 25 Eur,  erschienen bei Cross Cult

Der kleine Holzroboter und die Baumstumpfprinzessin

Comics für jüngere Kinder im Alter ab 4 Jahren sind dünn gesät. Hier und da gibt es ein paar Bücher, beispielsweise von Reprodukt oder aus dem Kiebitz Verlag. Da freut es mich heute mal ein weiteres und ganz besonderes Buch für Leser ab 4 Jahren vorstellen zu können: „Der kleine Holzroboter und die Baumstumpfprinzessin“, erschienen im Moritzverlag, ein Buch über die Liebe zweier ungleicher Geschwister, die skurrile Abenteuer erleben.

Die größte Sehnsucht des Königspaars? Ein Kind! Ihr Wunsch geht mit einem Holzroboter und einer verzauberten Prinzessin gleich doppelt in Erfüllung. So weit, so wunderbar – doch wie immer im Märchen gilt es eine Hürde zu überwinden: Die Prinzessin verwandelt sich allabendlich zurück in ein Stück Holz und muss am Morgen von ihrem Bruder per Zauberspruch geweckt werden. Leider vergisst er es ein einziges Mal – da landet sie auf einem Berg von Holzklötzen und wird per Schiff in den eisigen Norden verfrachtet. Der Holzroboter folgt seiner Schwester, um sie zu retten. Unzählige Abenteuer auf dem Rückweg sind zu bestehen, bis die Lage aussichtslos erscheint … Doch mit Hilfe der Tiere im Wald gelingt die glückliche Heimkehr!

– Pressetext Moritz Verlag

Es ist das erste Kinderbuch von Tom Gauld. Genau genommen ist das Buch ein Hybrid aus Comic und Bilderbuch – übrigens in sehr schöner Aufmachung und Haptik produziert. Das lassen wir doch sehr gerne mal gelten. International hat das Buch viel Beachtung gefunden und wurde mit Lob und einigen Preisen überschüttet.

Der Schotte Tom Gauld zeichnet und illustriert sonst in seinem einzigartigen Stil für den Guardian. Einige Sammelbände seiner Comicstrips und Cartoons sind in den vergangenen Jahren im Verlag Edition Moderne erschienen, zB. „Die Rache der Bücher“. Wobei man hier nicht an klassische Cartoons denken darf. Seinen Sachen wohnt ein ganz eigener Spirit inne, der nur schwer in Worte zu fassen ist. Schaut am besten selber mal in eines seiner Bücher.

Der kleine Holzroboter und die Baumstumpfprinzessin, erschienen im Moritz Verlag, Hardcover, 18.00 Eur

Die Chroniken des Universums

Wir befinden uns an Bord des Weltraum-Erkundungsschiffs Thucydide im Auftrag der Akademie der universellen historischen Wissenschaften. Die Crew aus fünf Studierenden und ihrem Dekan (oder was von letzterem übrig ist) sehen sich plötzlichen Turbulenzen konfrontiert. Sie machen eine Entdeckung, die kurz darauf von einer noch viel größeren übertrumpft wird. Danach ist nichts mehr wie es der Studienplan einst vorsah.

Ein Science-Fiction-Comic, der uns vier menschlich aussehende Studierende in den Mittelpunkt stellt aber auch eine außerirdische Person. Und der Lehrmeister, der sie immer wieder mit Fragen löchert, ist ein Methusalem ohne Rumpf, Unterleib oder Gliedmaßen in einer Glashaube. Praktischerweise kann diese auf einen Apparat montiert werden, der es ihm ermöglicht, seine Schützlinge überall hinzubegleiten. Hinzu kommt ein mysteriöser Gefangener …

Zwischen Neckerei und Konkurrenzkampf (wer weiß, worauf die Antwort) müssen die Forschenden viele anspruchsvolle Situationen händeln, die selbst älteren Schweißperlen auf die Stirn treiben würden. Zum Glück ist der Dekan immer an ihrer Seite.

Autor Richard Marazano und Zeichner Ingo Römling präsentieren eine Sci-Fi-Story, die sich mit Ereignissen überschlägt und alles von der Akademie-Crew abverlangt. Rätselhaft, spannend und fantastisch zu Papier gebracht. Die Figuren, das Schiff sowie die Welt um sie herum begeistern und geben der Geschichte ihre atmosphärische Dichte. Das Ende von Band eins verspricht noch sehr viel mehr.

Die Chroniken des Universums, bisher 2 Bände bei Splitter erschienen, je 56 Seiten, 16.00 Eur

Richard Marazano begegnet euch bei uns im Laden u.a. noch mit den Reihen „Erinnerungen an den globalen Bürgerkrieg“, „Die drei Geister von Tesla“ und „S.A.M.“ Während Ingo Römling natürlich mit der Reihe Malcom Max vertreten ist.

Koma

In einen Sog zieht mich noch immer KOMA von Wazem & Peeters, ein „all time favourite“, der zu Unrecht immer noch recht unbekannt ist.

Das Mädchen Addidas hilft ihrem Vater bei der anstrengenden Arbeit in Schornsteine zu klettern, um diese dort von innen zu reinigen. Dort wird sie oftmals bewusstlos, verfällt in eine Art Koma und begegnet in ihren Träumen Monstern, die offenbar am Grund der Schlote mysteriöse Maschinen intakt halten … Im Verlauf der Comicreihe verwischen dabei schleichend Realität und Traumwelt des Mädchens, so dass man an manchen Stellen nicht mehr genau sagen kann, auf welcher Ebene man sich als Leser gerade befindet.

Das Charakterdesign von Frederik Peeters ist zum Verlieben. Was beim Essen als geschmacklich vollmundig bezeichnet werden mag, bringen in diesem Comic die reizvollen, ausdrucksstarken Figuren zum Ausdruck: sehr rund und gelungen. Ebenso fesseln umgehend die Szenarien, die Handlungsorte, die unwirklich wie auch überzeugend zugleich wirken. Beim Lesen entsteht ein warmes, abenteuerliches Gefühl. Und zeitgleich kommen Fragen auf: „Was passiert hier bloß? Wo wird das hinführen?“ Jeder weitere Band macht noch gespannter auf den folgenden. Und so gehört sich das.

Die Koloration ist wunderbar, das Lettering bringt kleine und große Buchstaben ganz anders und sehr charmant zusammen, doch wird der Lesefluss an keiner Stelle gestört. Zu entdecken sind auch Bilderfolgen ohne Text … diese so vielsagend, dass solcher dort auch nicht notwendig gewesen wäre. Sprechblasen, die zu den bezauberndsten gehören, die sich je in einem Comic fanden interagieren schräg und quer mit den Bildern, entfleuchen oftmals schlängelnd den Mündern der Figuren. Ein Kleinod wundervollster zeichnerischer Erzählkunst ist Wazem und Peeters mit „Koma“ gelungen. Mit Bewunderung für die beiden Schöpfer und einem schweren Hauch Wehmut nähert sich doch unaufhaltsam dann das Ende.

Übrigens gab es tatsächlich in den vergangenen Jahrhunderten Kinder, die aufgrund ihrer kleinen Körpergröße zur inneren Reinigung von großen Schornsteinen eingesetzt wurden: die sogenannten Climbing Boys (in England) oder Kaminfegerkinder (Alpenraum).

Sechs Bände bei Reprodukt erschienen, je 48 Seiten zu 12.00 Eur.

Die Albtraumjäger

Insomnie, die, lateinisch insomnia, zu: insomnis = schlaflos, zu: in- = un-, nicht und somnus = Schlaf

Ein Zustand, den ich niemandem empfehlen kann! Schlafen wäre ja so schön. Doch plagen euch, wenn ihr damit zwar keine Probleme habt, vielleicht häufig Albträume?

Albtraum, der, mit Albdrücken verbundener Traum; Angsttraum

Meint ihr, vor lauter Aufregung und Furcht, gar nicht erst zu schlafen wäre viel besser als böse Träume durchmachen zu müssen?

Diese Überlegung ist verständlich. Das Gefühl, ausgeliefert zu sein und dann nassgeschwitzt, panisch aufzuschrecken vermisse ich zwar wirklich nicht. Aber Insomnie ist dem nicht unähnlich, die Panik, wieder nicht schlafen zu können, nicht fit genug zu sein um nicht mal am gewöhnlichen Alltag teilzunehmen, es ist quasi ein … Wachalbtraum.

Comic, der, meist als Buch oder Heft veröffentlichte [gezeichnete] Bildgeschichte

Wäre es nicht aber toll, sowohl schlafen zu können, als auch von Albträumen befreit zu werden? Da wünschte ich mir die Albtraumjäger her, die in den gleichnamigen Comics was wohl tun? Ganz genau! Allerdings gehen die Kinder (denn nur Kinder können diese Aufgabe erfüllen) ausschließlich in den Albträumen anderer Kinder und Jugendlicher auf die Jagd. Sie suchen darin die Ursache für deren Ängste und korrigieren diese Umstände.

In Träume tauchen und darin handeln haben ja schon die Panzerknacker gemacht, allerdings unehrenhaft um an die Kohle des alten Ducks zu kommen. Einen Film, der lose darauf basiert gab es wohl auch mal (zwinker zwinker), aber so ausgefuchst und bestens vorbereitet wie die Albtraumjäger agieren, bietet ihre Geschichte eine ganz eigene Spannung.

Franck Thilliez geht den Sorgen der Kinder und Jugendlichen einfühlsam auf den Grund. Mit Figuren, die sich aufeinander verlassen können und mutig über sich hinauswachsen. Er nimmt die düsteren Gedanken und Befürchtungen, die den Patienten der Albtraumjäger durch Unsicherheiten oder einem brüchigen Umfeld entstehen ernst. Und wie viele junge Menschen können behaupten, sie würden von Erwachsenen ernst genommen werden?

Yomgui Dumont glänzt mit seinem originellen Charakterdesign: ausdrucksstark, sympathisch aber auch schräg. Seine verspielte Seitengestaltung macht das Lesen noch spannender, die liebevollen Hintergründe die Welt der Albtraumjäger tief und stimmungsvoll.

Es geht um Albträume, um mentale Gesundheit und es wird schon manches Mal etwas nervenaufreibend. Es lohnt sich auf jeden Fall!

Altersempfehlung: 10 – 99 Jahre (für nicht zu zart besaitete Gemüter)

Die Albtraumjäger, bislang 6 Bände, erschienen bei toonfish, 52-64 Seiten, je 14,95 Eur

Percy Pickwick

Eine Bibliothek in Neukölln Mitte der 90er Jahre …
Die Auswahl an Comics ist mehr als übersichtlich und dass alles, was Sprechblasen hat im Kinderbereich zu finden ist, selbst Fritz the Cat (definitiv NICHT für Kinder gedacht) ist auch ein klares Zeichen. Hier ist man noch nicht bereit. Jedoch! Sehet! Zwischen Fritz, Asterix und Marsu gibt es zudem Percy Pickwick, ehemaliger britischer Geheimagent und allein schon aus geografischen Gründen Gentleman par excellence.

Percy Pickwick wurde tatsächlich aber 1959 in Belgien von einem Belgier erschaffen, von Raymond Macherot. Im Original „Clifton“ war er hierzulande unter diesem Namen (oder auch als Sir Harold) im ZACK Magazin, den Fix & Foxi Heften und im Yps anzutreffen, bevor Carlsen ihn als Percy Pickwick die Albenreihe gab, von der in der Bibliothek die Rede ist.

Seit 2014 bringt der Splitter-Verlag die Geschichten mit viel Aufwand (die Comics wurden im besten Sinne überarbeitet) in sehr schönen, dicken Sammelbänden unter dem Label toonfish mit vielen Hintergrundinformationen und zusätzlichen Illustrationen heraus.

Verschiedene Autoren und Zeichner ließen den Sir spannende Abenteuer erleben, denn obwohl im Ruhestand und höchstens den Pfadfindern als „Großer Reiher“ Vorbild seiend, eilt Colonel Pickwick sein Ruf als fantastischer Amateurdedektiv voraus. By Jove, gefährlich geht es dann zu, und mit Tempo. Doch auch der Spaß kommt nicht zu kurz und Percy begegnet allerlei kauzigen Gestalten. Ach ja, und Katzen gibt es auch.

Zeichnerisch top notch, je nach Künstler sind die Figuren mal ulkiger, mal sehr seriös im Strich. Das Lokalkolorit kommt auch nie zu kurz und neben flotten Oldtimern darf der 5-Uhr-Tee nicht fehlen.

Ob in den 60ern zuerst oder vielleicht in den 90ern zuletzt gelesen, ist Percy Pickwick noch immer allerbeste Unterhaltung. Heavens!

Percy Pickwick ist erschienen bei toonfish, 6 Bände zu je 29,95 Eur
Alle Bände findet ihr bei uns im Sortiment.

WYND

In die letzte verbliebene Menschenstadt Pipetown, die sich von magischen Kreaturen bedroht fühlt, kommt der berüchtigte bandagierte Mann, um dafür zu sorgen, dass auch noch das letzte Fünkchen Zauberei gefunden und ausgerottet wird. Wynd hilft in der Küche der Taverne seiner Adoptivmutter und hält ansonsten gerne in der Stadt scheu nach seinem Schwarm Ausschau. Egal wo er sich sehen lässt muss er eine Kapuze tragen, denn das Wynd spitze, nichtmenschliche Ohren hat, ist ein Geheimnis, welches ihm zum Verhängnis werden könnte. Mit dem Auftauchen des bandagierten Mannes fasst seine Mutter den Entschluss, Wynd muss fliehen …

Der Comic von Autor James Tynion IV und Zeichner Michael Dialynas ist der Start einer spannenden Serie um magische Wesen, die als bösartig und gefährlich gelten und der Menschheit, die sich vor ihnen schützen will, egal was sie dafür tun muss. Doch haben sie mit ihren Befürchtungen recht, oder irren sie sich in ihrer Sorge vor dem Fremden?

Das Kreativduo etabliert eine Fantasywelt, die auf den ersten Seiten düstere Vorboten von einer nur oberflächlich friedlichen Stadt und ihrer Bevölkerung schickt. Dialynas zeichnet mit vielen tollen Details und lebhaften Figuren ein Pipetown, welches zum Entdecken einlädt und noch neugieriger darauf macht, was uns und Wynd außerhalb der Menschenstadt erwartet.

Für Fans von „Avatar – Der Herr der Elemente“ und „Amulet“.

Von James Tynion IV findet ihr bei uns im Laden auch die Reihen „Something is Killing the Children“, „Bitter Roots“, „The Department of Truth“

WYND -Buch Eins: Seltsames Blut, erschienen bei Carlsen Comics 128 Seiten, 16.00 Eur

Eine Reise unter die Erde – Die Geheimnisse der Welt unter uns

Als bekannt wird, dass Hades, der Herr der Unterwelt, jemanden zur Nachfolge sucht, finden sich sehr viele Interessierte. Mit einem simplen Bewerbungsgespräch ist dieser Nischenjob aber nicht zu bekommen. Stattdessen erwartet die Menge eine Mischung aus „Es war einmal … das Leben“ und „Battle Royal“ (oder „Die Tribute von Panem“, oder auch „Squid Game“, je nach Generation, die das hier liest).

Es wird ein lehrreicher Streifzug durch die Schichten des Erdreichs und ein todbringendes Ausschlussverfahren für die, die bei den Fragen, die dazu gestellt werden, nicht richtig liegen. Begleitet wird bei diesem Assessment-Center die mutige, 16-jährige Suzanne, die dort Tom kennenlernt, der sich durch seine Phobie quasi allem gegenüber sehr schwertut, den Aufgaben zu begegnen. Doch gemeinsam kommen sie voran.

Während im (aber auch vorm) Comic alle Beteiligten von Schluff, Bakterien oder Nematoden erfahren, lernen die Figuren sich auch gegenseitig kennen und ihre Motivation, bei dem Spektakel mitzumachen. Nicht zuletzt wird aufgezeigt, was schiefläuft im Umgang mit dem Erdboden, was falsche Bewirtschaftung und andere menschengemachte Einflüsse verursachen, aber auch, was besser gemacht werden kann. Vielleicht gelingt es sogar, Hades das ein oder andere Schnippchen zu schlagen.

Zeichner und Autor Mathieu Burniat bringt der restlichen Menschheit unter Beratung von Biologe Marc-André Selosse nahe, wie faszinierend, vielfältig und ungeheuer clever die Lebewesen und Mikroorganismen des Erdreichs agieren und aufeinander einwirken. Dies gelingt Burniat alles andere als staubtrocken, sondern ausgesprochen humorvoll, einfallsreich, vollgestopft mit Funfacts und Drama. Wer kommt in die nächste Runde? Wer scheidet aus und somit dahin? Wer wächst über die eigenen Hemmungen hinaus?

Die Illustrationen sind voller kreativer Ideen, was die Darstellung des Erdreichs und dessen Bevölkerung anbelangt, Details, die neben dem vielen Wissenswerten zum mehrmaligen Erkunden einladen und Charaktere, die mitreißend sind in ihrem Wesen und ihrer Entwicklung. Sie sind schwungvoll, lebendig und ihre Mimik – diese Emotionen in ihren Gesichtern, fantastisch!

Eine Reise unter die Erde, erschienen bei Knesebeck, 176 Seiten, 24 Eur

Weitere Comics von Mathieu Burniat : „Das Geheimnis der
Quantenwelt“, „Das Geheimnis des unfehlbaren Gedächtnisses“

Universal War One

Raum-Zeit-Dilatation! Quantenmechanik! Zeitreisen! Singularität! Pew-Pew! Habe ich eure Aufmerksamkeit?

Heute stellen wir euch mal einen absoluten Klassiker unter den Science Fiction Comics vor:

Universal War One

„Bei der Erforschung des Sonnensystems stoßen die Menschen auf „die Mauer”, eine gigantische, unbegreifliche Barriere im All, die den Weg zu den Planeten jenseits des Saturns verhindert.

Niemand kann sich die Ursache des Phänomens erklären, aber die Folgen sind gravierend. Denn schon bald ziehen die dunklen Wolken eines Krieges am Horizont auf, der alle Konflikte in den Schatten zu stellen droht, die die Erde erlebt hat.

Ausgerechnet die Purgatory-Schwadron, eine zusammen gewürfelte Truppe aus Offizieren mit wenig ruhmreicher Vergangenheit, droht zur letzten Hoffnung einer Menschheit am Rande des Abgrunds zu werden. Sie brechen auf, das kosmische Rätsel zu lösen, bevor der Krieg ihre Heimat auslöscht…“

– Pressetext zu Band 1

„Öh, Raum-Zeit-Dingens – kennen wir aus Interstellar!“, höre ich euch raunen. Bajram zeichnete diese Geschichte bereits eine ganze Zeit vor diesem Film.

Das Thema Raum-Zeit-Dilatation kennt seit Interstellar jeder, der nicht gerade in kultureller Isolation lebt. Aber bereits in den 70ern schrieb der Ex-Soldat Haldemann nach seiner Rückkehr aus Vietnam seinen Anti-Kriegs-Sci-Fi-Roman „Der ewige Krieg“, der dieses Phänomen aufgreift. In den 90ern gab es auch eine hervorragende Comicadaption in Form einer Miniserie, die später nochmal bei Carlsen als Sammelband erscheinen sollte. Leider sind die Comics vergriffen und schwer zu bekommen. Aber ich wette ein Kilogramm dunkle Materie, dass der Comic irgendwann nachgedruckt wird.

„Universal War One“ geht noch drei Schritte weiter. Ich würde die Serie als aufgebohrte Hard-SF bezeichnen. ZB. kommt der Band mit der besten Erklärung über die Auswirkungen von Zeitreisen daher, die ich bislang in einem Science-Fiction-Werk gesehen oder gelesen habe. „Paradoxon!“ – höre ich euch im Chor rufen. NEIN! Denn „Die Gegenwart ist die Summe alle Zeitreisen, die jemals gemacht wurden – und noch gemacht werden!“. Was das bedeutet, lasst es einfach mal ein paar Tage im Gehirn rotieren. Und lest die Comics! Kleiner Wermutstropfen: danach kann man viele andere Zeitreisestories nicht mehr so richtig ernst nehmen.

Bajram schreckt dabei nicht vor der Verwendung einiger Klischees zurück, zB. zigarrerauchender Protagonist mit Totenköpfen auf dem Kopftuch (der eine verblüffende Ähnlichkeit mit dem Zeichner hat). Und auch hier und da sind die Dialoge recht einsilbig und erinnern an Action-Filme der 80er Jahre. ABER Bajram hat offenkundig auch ein paar Bücher gelesen und sich mit der Materie beschäftigt, und liefert hier unterm Strich stilsicheres und episches Entertainment ab, welches nicht die Intelligenz des Lesers beleidigt.

Erwähnenswert ist dabei noch, dass Bajram sich beim Schrieben der Geschichte nicht von Album zu Album hangelt, sondern von Anfang an eine große Geschichte im Sinn hat, die er über sechs Teile spannt. Im letzten Band zeugt eine Grafik davon, dass er vor dem Schreiben und Zeichnen einen ausgeklügelten Plan hatte. Schaut euch diese Grafik aber auf keinen Fall vor dem Lesen der Bände an. Gut, ganz kurz mal beeindruckt darauf gucken ist okay, aber nicht durchlesen. Spoilergarantie!

In einem späteren Artikel schrieb Autor und Zeichner Bajram, dass die Serie auf drei Zyklen mit jeweils sechs Bänden angelegt ist. „Universal War One“ liegt komplett vor, und kann auch als abgeschlossene eigenständige Geschichte gelesen werden. Wahrscheinlich sind bei Erscheinen des letzten Bandes des ersten Zyklus alle Leser davon ausgegangen, dass die Story damit zu Ende ist. Es las sich so, es fühlte sich so an. Also keine Sorge. Es liegen drei weitere Bände des zweiten Zyklus mit dem Titel „Universal War Two“ vor, jedoch ist da seit Jahren keine Fortsetzung erschienen, sodass ich diesen Zyklus eigentlich nicht empfehlen kann, solange sich da nichts tut.

Universal War One, Band 1-6, erschienen bei Splitter

Band 1-5 je 48 Seiten, farbig, je 12.80 EUR
Band 6 mit 56 Seiten, farbig, 13.80 EUR

Asadora!

Wenn von einem Taifun tatsächlich zwischen verwüsteten Häusern ein gigantischer Fußabdruck hinterlassen wird, tut sich damit in „Asadora“ nur der Anfang eines komplex mit verschiedenen Charakteren verflochtenes und über Jahrzehnte erzähltes Mysterium auf.

Das zu Beginn junge Mädchen Asa Asada, das in einer geschwisterreichen Familie stets übersehen wird, begleitet die Geschichte von 1959 bis 2020. Über eine skurrile Situation begegnet Asa dem mit persönlichen Problemen vollgepackten und zwielichtig wirkenden Piloten Haruo, der nicht nur für ihre Zukunft wegweisend werden soll.

Kurz nach ihrem aufeinandertreffen geht ein mächtiger Taifun übers Land hinweg und richtet massive Schäden an. Gemeinsam entwickelt das ungleiche Gespann einen wagemutigen Rettungsplan, den von der Katastrophe betroffenen Menschen zu helfen.

Dies führt zu einer unwirklichen Entdeckung und prägt die Bekanntschaft von Asa und Haruo nachhaltig.

Weitere Figuren werden nach und nach eingeführt und ihre Zusammenhänge zur Titelheldin sowie der Naturgewalt offenbaren sich behutsam und faszinierend.

Naoki Urasawa und sein Team erzählen eine abenteuerliche Reise und Charakterstudie seiner Protagonistin mit ausdrucksstarken Figuren, japanischer Geschichte und Folklore. Der kesse Humor Asas, tiefe Emotionen und Thrill machen Urasawas Mangareihe zu einer Serie die Band für Band mehr Suchtpotenzial entwickelt.

Die vehemente Durchsetzungskraft darin, den Schwachen helfen zu wollen und ihr Optimismus lassen Asa schon als Mädchen zu einer Heldin werden und es bleibt aufregend zu lesen, wie es mit ihr weitergehen wird.

Asadora! erscheint bei Carlsen Manga, bislang 6 Bände je 12 EUR. Band 7 erscheint im Februar.

Von Naoki Urasawa finden sich auch folgende Titel in unserem Laden: Billy Bat, Monster, 20th Century Boys und Pluto

Der Weltraumpostbote

In „Der Weltraumpostbote“ zeigt der kanadische Comiczeichner Guillaume Perrault, dass Veränderungen durchaus bereichernd sein können, dass es sich lohnt, von der eingefahrenen Route abzuweichen, die Komfortzone zu verlassen.

Bob, der im All Post ausliefert, lernt auf seiner neuen Route allerlei verschrobene Charaktere kennen. In wundervoll detaillierten, zugleich minimalistisch – aufgeräumten, aber nie langweiligen Bildern aus fantasievollen Formen und unaufgeregten, flächigen Farben, erzählt Perrault eine verrückt – witzige Geschichte mit einem sympathischen Helden und einer universellen Botschaft.

Oder kurz gesagt: eine stilistisch einzigartige All-Age-Science-Fiction mit philosophischer Ebene!

Inzwischen hat sich „Der Weltraumpostbote“ zu einer kleinen Reihe entwickelt. Drei Bände sind bislang erschienen, die aber auch jeweils einzeln sehr gut gelesen werden können. Schaut mal rein, wir sind Fans!

Weitere Informationen; Klappentexte zu allen drei Bänden und Leseproben findet ihr auf der Website des Verlages:

https://www.rotopolpress.de/produkte/der-weltraumpostbote

Erschienen im Rotopol Verlag,
Der Weltraumpostbote
Der Weltraumpostbote – Motorräuber
Der Weltraumpostbote – Hungrig durchs Weltall
Hardcover, in Farbe, je 18 Euro

Der Schweinehund

Vater unbekannt. Zwei Männer, die in Frage kämen, doch nicht einmal mit deren Namen wollte die Mutter von Max herausrücken, nur so viel hielt sie von ihm: Er war ein Schweinehund.

Geboren im Amazonas aber in Frankreich bei seiner Mutter aufgewachsen zieht es Max auf der Suche nach seinem Erzeuger zurück nach Südamerika. Mit dabei zwei Fotos, die ihn als Baby – und auf jedem Bild einen anderen Mann zeigen.

Doch welcher der Beiden ist es, lebt er noch und warum soll er solch ein Schweinehund gewesen sein, dass seine Mutter den Kontakt abbrach und mit Max in ihre Heimat zog?

Ein heftiger Abenteuerthriller von Régis Loisel gespickt mit Herz und Humor. Der Versuch die eigene Identität durch Puzzleteile aus der
Vergangenheit zu finden, in dem Prozess daran zu wachsen und Menschen kennenzulernen die prägen. Die Hitze des Amazonas aber auch der Anspannung überträgt sich, die Inszenierung durch Olivier Pont ist reich an Dschungeldichte und stimmungsvoll. Die Charaktere so lebendig, die einen so sympathisch wie die anderen ziemlich bedrohlich.

Und wäre die Vaterfrage nicht schon mysteriös genug legen die letzten Seiten des ersten Bandes noch mal eine Schippe drauf …

Der Schweinehund von Régis Loisel und Olivier Pont erscheint bei Carlsen
Comics, 96 Seiten, Band 1 € 18,- Band 2 € 20,-

Alldine & die Weltraumpiraten

Titelgebende Alldine und ihre Piratencrew begehen in mehreren Kurzgeschichten Meuterei in den und um die Panels herum. Sowie dazwischen, oben, unten, vorne, hinten und das „Publikum“ ist immer voll dabei und direkt involviert und manchmal auch aktiviert! Ja, ich nenne euch hier Publikum, denn diese Storys sind wie eine TV-Show. Sie fühlen sich an wie Samstagmorgenzeichentrickspaß!

So gehört die vierte Wand zu durchbrechen genau so zur Lebensphilosophie der Gang wie diese Spezialität zu nutzen, um Fiesling Supermuskelprotz und dessen Kompagnon Dr. Knautsch ihre Fieslingstätigkeiten zu vereiteln.

Ersonnen von Joann Sfar, umgesetzt durch Emmanuel Guibert und Mathieu Sapin bietet Alldine absurde Abenteuer in kunterbunt und einem vorzüglichem, krakeligen Strich voller kleiner drolliger Details.

Ebenfalls von den Machern käuflich bei uns zu ergattern:

Sapin: Gérard, Kein Kuss für Mutter, Akissi, Comédie Française,

Guibert: Der Fotograf, Ariol, Alans Krieg,

Sfar: Die Katze des Rabbiners, Donjon, Klezmer, Professor Bell

Alldine und die Weltraumpiraten, bislang zwei Bände a 128 Seiten & €14,-
erschienen im Schaltzeitverlag
Lesealter: ab 8 Jahren