Prometheus

Mit Prometheus erscheint im Splitter-Verlag z.Z. ein spannendes und ungewöhnlich erzähltes Sci-Fi-Epos von Christophe Bec.

Es passieren unheimliche Dinge. Ein Spaceshuttle verschwindet, und taucht später wieder auf – die Besatzung zerstückelt, es gibt nur einen Überlebenden. Ein seit 60 Jahren vermißtes deusches U-Boot wird plötzlich geortet. Auf der Erde bleiben gleichzeitig alle Uhren stehen und der Mechanismus von Antikythera, ein rätselhaftes antikes Artefakt setzt sich plötzlich in Bewegung.
Alle diese Ereignisse beginnen innerhalb von wenigen Tagen um jeweils exakt 13:13! Und dann taucht auch noch die Titanic wieder auf…

Prometheus geht erzählerisch in den vorliegenden ersten beiden Bänden einen recht unbeschrittenen Weg:

Der Autor reiht diverse unheimliche Ereignisse aneinander, ohne dass er den Leser an bestimmte Figuren bindet, die diese Ereignisse von Anfang bis Ende durchstehen oder begleiten. Es gibt keinerlei Charaktere, die sich im Handlungverlauf entwickeln. Dadurch fehlen dem Leser natürlich Identifikationsmöglichkeiten, das macht die Serie für manchen Leser etwas sperrig und dementsprechend kontrovers wurde die Serie bislang auch aufgenommen (siehe z.B. Diskussion im Splitter-Forum). Die Serie erntete viel Kritik, aber der ungewöhnliche Stil macht diese Serie meiner persönlichen Meinung nach gerade so interessant.

Ereignisse werden hier dem Leser direkt injeziert. Interessant dabei ist, welche Spannung der Autor mit der Erzählweise zu erzeugen vermag, wie er auf diese Weise eine ungeheure Bedrohung der Erde oder der Menschheit direkt in die Köpfe der Leser projeziert – sofern sie sich denn darauf einlassen.
Der Autor wagt hier ein recht mutiges Experiment. Statt auf das angesagte und erfolgreiche Konzept des „charakter-driven-story-tellings“ mit strahlenden oder gebrochenen Helden, Antihelden, Opfern und Tätern zu setzen, könnte man diesen Erzählstil fast als „event-driven“ bezeichnen.

Statt den Wegen von Personen zu folgen, schießt der Autor einzelne Schnappschüsse und blickt auf verschiedene Ereignisse, die alle irgendwie zusammenhängen und die offenbar auf ein böses Ende zusteuern. Die Geschichte wirkt in den ersten beiden Bänden fast wie eine Dokumentation. Dazu tragen auch die Teile des Comics bei, in denen der Leser Nachrichtensendeungen mitverfolgt, Zusammenhänge aus der griechischen Mythologie oder die Fuktionsweise einer Atomuhr fast Lehrbuchhaft erklärt werden. Unterstützend wirkt auch der Umstand, dass der Leser auch am Ende des zweiten Teils noch nicht so recht weiß, wohin die Reise gehen wird – ordentliche Cliffhanger am Ende jeden Bandes inklusive. Da kann man einfach nur auf die Fortsetzung gespannt sein. Der Autor spannt den Bogen weit, sowohl zeitlich als auch räumlich. Da fragt man sich mitunter, ob die auf ursprünglich drei Alben geplante Geschichte überhaupt zu einem befriedigenden Abschluß gebracht werden kann. Inzwischen wurde jedoch angekündigt, dass die Serie in Frankreich auf sechs Teile verlängert wurde, eine gute Idee angesichts der komplexen Vielfalt der Geschehnisse.

Zeichnerisch kommt die Prometheus vergleichsweise amerikanisch daher. Realistische, manchmal foto-realistische Zeichnungen unterstützen auch nocheinmal das Konzept der Serie. Mitunter wirken die Zeichnungen recht kühl, dann wieder wechseln die Abbildungen zu fulminanten doppelseiten-füllenden Einzelpanels.

Zeichen- und Erzählstil sind sicher nicht jedermanns Sache. Wer sich jedoch damit anfreunden kann, sollte diesem etwas anderen Comic unbedingt eine Chance geben. Ich persönlich wünsche mir jetzt auch nicht alle Serien in diesem Stil, aber als Unikat ist diese Serie eine äußerst erfrischende Unterhaltung.

Band 3 erscheint übrigens voraussichtlich im November. Es bleibt zu hoffen, dass dieses leicht schräge Erzähl-Experiment konsequent in seiner Art weitergeführt und im Zuge der Verlängerung auf sechs Alben nicht in Standard-Weltuntergangskost umgemünzt wird. Angesichts der anderen Arbeiten Becs bin ich da jedoch optimistisch.

Christophe Bec / Splitterverlag

Prometheus 1: Atlantis
Prometheus 2: Blue Beam Project

je Band
Hardcover, 56 Seiten, farbig, 32 x 23 cm, Preis: 13,80EUR