Interview: José Luis Munuera

Das Jahr startet gleich gut durch. Der vierte Band der Serie Zauber ist da!

Zauber 4 - Coverausschnitt

Zeichner Munuera und Autor Dufaux haben hier eine virtuose Mischung aus Shakespeare und Märchen für Erwachsene geschaffen, ein wunderschönes, unvorhersehbares, manchmal auch grausames Intrigenspiel mit umgepolten Klischees. Nun ist der vierte und zugleich letzte Band der hervorragenden Serie erschienen. It's magic – der Titel hält, was er verspricht. Aus diesem Anlaß gibt es hier heute ein Interview mit dem sympathischen spanischen Zeichner José Luis Munuera, welches vor einiger Zeit bereits im gedruckten TockTock-Magazin der Egmont-Comic-Collection erschien, und nun hier auch mit freundlicher Genehmigung des Verlages veröffentlicht werden darf. Im Anschluß geben wir noch einen Überblick über verfügbare deutschsprachige Veröffentlichungen des Zeichners.


Hola, José! Du hast Deine Uni abgebrochen, um Zeichner zu werden. Ein mutiger Schritt, der sich aber offensichtlich gelohnt hat. Wie hat das begonnen, Du als Spanier für die französischen Verlage arbeitend?

Jose Munuera (c) DargaudJosé Luis Munuera (Foto: (c) Dargaud):
In meinem letzten Jahr auf der Uni beschloss ich, dass es Zeit wird für mich, das zu tun, was ich wirklich im Leben wollte: Comics Zeichnen! Ich habe es überall in Spanien versucht, vor allem in Barcelona, wo die meisten Verlage sitzen – aber nachdem ich nur kleine Illustrations-Jobs bekommen hatte, schien es offensichtlich zu sein, dass es keinen Platz für mich gab auf dem kleinen Markt der Comics, der bereits sehr voll war mit vielen talentierten Künstlern.

Also beschloss ich dahin zu gehen, wo die Comics wirklich Zuhause waren: Ähnlich wie du den Wunsch hegst, nach L.A. zu gehen, wenn du Regisseur werden möchtest, wollte ich nach Frankreich, und noch genauer: nach Angoulême. Das klang für mich wie eine Art El Dorado für Comics. Als ich dort ankam, konnte ich nicht ein einziges Wort Französisch, aber ich hatte viele Zeichnungen dabei. Zu meiner Überraschung waren an diesem Tag keine anderen jungen Künstler da, die ihre Arbeiten präsentierten. Ich dachte mir: Wenn nicht Talent, dann war auf jeden Fall das Glück auf meiner Seite.

Und das war es. Ich lernte einen jungen Künstler in meinem Alter kennen, der versuchte, ein Comic-Texter zu werden: Joann Sfar. Als Zeichner war es schwer für ihn, seine Arbeit an Verlage zu verkaufen, und da beschloss er, dass es einfacher für ihn sei, als Texter zu arbeiten. Ich war begeistert von seiner Arbeit, seinem bizarren, rohen Stil, voller Energie und dem Verständnis für die Kunst des Zeichnens. Aber ich musste ihm zustimmen: für Verlage, die den Mainstream ansprachen, waren seine Zeichnungen zu sehr "Underground". Offensichtlich habe ich mich aber getäuscht, denn er wurde einer der einflussreichsten Künstler meiner Generation! In einer Zeit vor dem Internet begannen wir gemeinsam als Team, an Serien zu arbeiten und schafften es, mit seiner Hilfe und meiner eigenen Verrücktheit, unseren Lebensunterhalt davon zu bestreiten.

Du kommst von eigenen Projekten wie Potamoks und Merlin, hast dann an einem der europäischen Flaggschiffe gearbeitet (Spirou) und bist jetzt wieder mit eigenen Projekten am Start, zum Beispiel dem wunderschönen Das Zeichen des Mondes und jetzt natürlich den ECC-Werken. Künstlerische Befriedigung vor Verkaufszahlen?

Verkaufszahlen sind mir wirklich egal, aber Kunst ist mir auch nicht länger wichtig! Ich tue, was ich tue und wenn das Kunst ist, dann ist es gut so, falls nicht, ist es auch gut. Was ich damit meine ist: die Erfahrung, etwas zu erschaffen, seine Seele in etwas zu legen und dieses den Menschen zu geben, um dann schnell mit dem nächsten zu beginnen. Das Leben ist zu kurz, um sich Sorgen über Verkaufszahlen oder Kunst zu machen. Es ist besser, sich Gedanken über sein nächstes Projekt zu machen!

Als Du mit dem professionellen Comiczeichnen begonnen hast, war der spanische Markt in einer Krise. Heute sind viele spanische Comiczeichner aktiv – fast ein Dutzend arbeitet für die Amerikaner (angeführt von Guillem March), aber auch in der frankobelgischen Comicszene seid Ihr dominant – neben Dir zum Beispiel Juanjo Guarnido, Gimenez, Prado. Wie beurteilst Du den Markt heute, tauscht Ihr Euch aus, trefft Ihr Euch?

Ja, wir stehen in Kontakt, dem Internet und den Comic-Conventions sei Dank. Hier diskutieren wir den Markt, zeigen uns gegenseitig unsere aktuellen Projekte und haben einfach Spafs zusammen. In Spanien hat es eine Menge kreativen Input gegeben, jedoch war der Markt schon immer klein, so dass Auswandern ein Teil unserer Comic-Karriere-Kultur ist. Der Comic-Markt in Spanien ist so reich an Kreativität wie er klein ist an Verkaufsmöglichkeiten. Deshalb sollte eine professionelle Karriere aufserhalb gestartet und entdeckt werden. Die amerikanischen und französischen Verlage sind die wichtigeren Produzenten, also los geht es da hin …

Dein Zeichenstil wechselt, mal sehr deutlich vom "wilden" Animations-Stil in der Tradition von Avery oder Jones, mal ein bisschen Manga, manchmal eher traditioneller frankobelgisch, mal sehr poetisch. Was hat dich beeinflusst? Macht die Abwechslung den halben Spafs am Beruf aus?

Ich versuche meine Zeichnungen an die Natur meines Subjekts anzupassen, aber mein "Stil" ist etwas, dem ich nicht entkommen kann! Jeder Künstler hat, wenn er ehrlich ist, seinen eigenen Weg, die visuelle Welt zu verstehen und man kann ihn erkennen, ob realistisch oder cartoonesk. Mein Stil ist die Konsequenz von dem, was ich als Leser bin, den Comics, die ich liebe (und diese sind europäisch, amerikanisch und japanisch), und der Person, die ich bin. Es findet sich, auch in meinen realistischeren Zeichnungen, immer ein Touch von Ironie und Humor, den ich nicht vermeiden kann. Ausserdem habe ich, selbst in meinen Arbeiten, die mehr im Bereich Cartoon liegen, immer einen ehrlichen Respekt und Glauben an die Charaktere. Es gibt tausende von Dingen, die mich beeinflusst haben: Maler, Filme, Fotografen und andere Comic-Künstler. Ich versuche, allem um mich herum gegenüber offen zu sein und mich frisch zu halten und keine eigenen Künstler-Ticks zu entwickeln. Das Leben, wie ihr wisst, ist zu kurz – ich versuche so intensiv wie möglich zu leben und verbringe die meiste Zeit damit zu Zeichnen und versuche meine Zeichnungen lebendig zu halten!

Und die letzte Frage: Wie ist deine (künstlerische) Beziehung zum Computer?

Vor allem ist das Internet so wichtig gewesen, weil es dir die Kommunikation ermöglicht, die du leisten musst, wenn du für andere Länder arbeitest. Aber aus künstlerischer Sicht: Ich habe viel Photoshop für die – wie ich es nenne – "Postproduktion" genutzt: Schattierungen, Säuberung der Seiten, Arbeit an der Atmosphäre und dem Kontrast etc. Es ist wirklich ein unglaubliches Werkzeug und selbst wenn ich das gleiche ohne Computer machen könnte, nur mit der Hand gezeichnet, es spart höllisch viel Zeit!

Vielen Dank für das Gespräch, José!


Verfügbare Comics von Munuera – Covergalerie:

Munuera bei Egmont-Comic-Collection

Zauber, Band 1 bis 4 (Serie abgeschlossen). Ein phantastisches und wendungsreiches Intrigenspiel.

Zauber 1 - Comic

Zauber 2 - Comic

Zauber 3 - Comic

Zauber 4 - Comic

Fraternity Band 1 und 2 (Serie abgeschlossen). Das phantastische Meta-Märchen entstand zusammen mit Blacksad-Autor Canales.

Frarernity 1 - Comic

Frarernity 2 - Comic

Munuera bei Carlsen

Das Zeichen des Mondes – düster, märchenhaft, atmosphärisch, melancholisch bis traurig. Monochromes Artwork mit sparsamen farblichen Akzenten.

Das Zeichen des Mondes - Comic

Funny: Munuera brachte neue Dynamik und eine Prise Mangastyle (und Zombies in "Der Mann, der nichts sterben wollte") in die große Serie, und meisterte den Spagat zwischen eigenem Stil und Wiedererkennung der Ikonen.

Spirou - Flut über Paris - Comic

Spirou - Der Mann, der nicht sterben wollte - Comic

Spirou in Tokyo - Comic

Weiterhin erschienen bei Finix-Comics Fortsetzungen zu Nävis. Munuera hat zudem bei Die Chroniken von Sillage bei Carlsen mitgewirkt. Mit Sfar hat Munuera an den Funny-Serien Die Potamoks und Merlin gearbeitet, beide Serien sind ebenso wie die ersten beiden Bände von Nävis leider verlagsvergriffen und nicht mehr lieferbar. In Frankreich gibt es noch einiges mehr, u.a. zeichnet Munuera für Dupuis die Abenteuerserie Les Campbell, die hoffentlich auch hierzulande bald veröffentlicht wird – mit diesem Wunsch beenden wir diese Vorstellung des Künstlers. Schaut mal rein!

Les Campbell Band 3 - Comic