Interview: Gene Luen Yang

Avatar - Band 2Der zweite Band der Fortsetzung der TV-Serie "Avatar" im Comicformat ist vor einigen Tagen erschienen (Informationen zur Serie siehe auch hier im Blog). Aus diesem Anlass hier:

Gene Luen Yang – Kreativer Kopf hinter "Avatar: Der Herr der Elemente – Das Versprechen" im Interview mit ComicBookresources.com

ComicBookresources: Gene, du bist vor allem bekannt für deine eigenständigen Indie-Arbeiten wie "American Born Chinese". Inwiefern ist "Avatar" Neuland für dich, und wo konntest du deine Stärken einbringen?

Gene Yang: Es ist mein erstes großes Projekt mit Charakteren, die ich nicht geschaffen habe. Ich habe bei "Avatar – Das Versprechen" daher versucht, den Figuren aus der Originalserie treu zu bleiben. Bevor ich mit dem Schreiben begonnen habe, liefen die "Avatar"-Episoden ständig im Hintergrund mit, während ich an meinen anderen Comics arbeitete. Dieses Projekt war so viel kollaborativer als alle anderen Graphic Novels bisher.

Normalerweise schreibe ich alleine oder zusammen mit engen Freunden. Die Zusammenarbeit mit Mike DiMartino und Bryan Konietzko war eine unglaubliche Erfahrung. Ich konnte von Nahem sehen, wie sie sich durch eine Geschichte arbeiten.

"Avatar – Das Versprechen" gibt mir die Möglichkeit, ein wiederkehrendes Thema in meinen anderen Büchern aufzugreifen: der Zusammenstoß und das Miteinander von Kulturen. Die Serie selbst ist eine Mischung aus östlichen und westlichen kulturellen Einflüssen. Es passt also alles zusammen.

CBr: Die Geschichte startet kurz nach der TV-Serie. Gib uns eine kleine Zusammenfassung von dem, was nun kommt. Aber bevor wir in die Details des Buches eintauchen, würde ich gerne deine Gedanken zur Original-Serie hören, und wie du und die Avatar-Erfinder euch die Richtung vorstellt, die Avatar künftig einschlagen wird.

GY: Ja, die Geschichte setzt sofort nach dem Ende der Serie ein, quasi genau einen Moment danach. Ich liebe – LIEBE – die Originalserie. Mein guter Freund und Zeichen-Kollege Derek Kirk Kim überzeugte mich, es auszuprobieren. Er erzählte mir von dieser US-amerikanischen Zeichentrickserie, die sich stark am Anime orientiert – vor allem Filme von Miyazaki. Er meinte, es wäre die am besten geschriebene US-amerikanische Serie, die er je gesehen hat. Er hatte Recht.

Das Avatar-Universum ist sehr genau konstruiert, mit glaubwürdigen Kulturen und Subkulturen. Ebenso wie Miyazakis Figuren sind die Charaktere von "Avatar" fein nuanciert. Jeder gute Charakter hat moralische Schwächen und jeder böse Charakter einen Funken Gutes.
Die Comics bilden eine Brücke zwischen der Originalserie "Avatar: Der Herr der Elemente" und der kommenden Serie "Die Legende von Korra". Die Welt von "Korra" hat sich sehr verändert und mit den Comics wollen wir zeigen, wie diese Veränderungen zustande gekommen sind.

CBr: Du beschäftigst dich hier mit einem komplexen Problem, da einige der Kolonialisten seit Generationen in den Städten des Erdkönigreichs leben. Das Echo aus der realen Welt ist hier nicht zu übersehen. Wie schwierig ist es, so eine Geschichte für jedes Alter zu vermitteln – nicht, dass es zu schwierig für Kinder wäre, aber welche Hebel muss man umlegen, damit sowohl Kinder als auch erwachsene von der Geschichte gepackt werden?

GY: Die Original-Serie hat hier großartige Arbeit geleistet. "Avatar: Der Herr der Elemente" war zuerst als Kinderserie beworben.
Doch trotzdem ist eine Fangemeinde aus allen Altersstufen zusammen gekommen. Das war nur möglich durch die Art, wie Mike, Bryan und ihr Team Geschichten erzählen. Die Geschichten waren sehr komplex. Sie beschäftigten sich mit schwierigen Themen wie Verlust, Familie, Krieg, Kultur und Modernisierung.

Und sie haben es mit Humor, Vorstellungskraft und Anmut umgesetzt. Ich versuche, den gleichen Ton für die Comics zu treffen. Umso besser ich das schaffe, desto wahrscheinlicher wird es, dass Kinder und Erwachsene von den Comics unterhalten werden.

CBr: Wir sehen in der Kolonie Yu Dao, dass die Grenzen zwischen der Feuer- und der Erdnation nicht immer klar zu setzen
sind. und auch Aang macht Erfahrungen mit zwiespältigen Allianzen. Ermöglicht ihm seine besondere Perspektive als Avatar
dennoch einen Vorteil, sich in dieser Situation zurecht zu finden?

GY: Wo in der alten Welt die vier Nationen noch getrennt sind, werden sie in der neuen Welt Seite an Seite leben. Wie kommen wir also von hier nach dort? Aang wird natürlich eine entscheidende Rolle spielen, da er der Avatar ist, die Personifikation aller vier Nationen Einem. In "Das Versprechen" wird er lernen, die Welt auf eine neue Weise zu sehen, einen modernen Blick entwickeln.

CBr: Du arbeitest mit dem Gurihiru Studio an diesem Buch. Was macht sie so passend für "Avatar"?

GY: Hast du ihre Arbeit in "Avatar – Das Versprechen" gesehen? Sie ist fantastisch! Sie bleibt der TV-Geschichte treu, nutzt aber auch alle Vorteile des Mediums Comic. Die Gesichtsausdrücke, die Kulissen, die Anordnung der Panels – alles ist genau ins Schwarze getroffen. Und genau wie die TV-Serie mischen Gurihiru östliche und westliche Einflüsse zusammen. Ehrlich, ihre Sachen sind erschreckend gut.

CBr: Gibt es noch irgendetwas, das du uns über "Avatar – Das Versprechen" mitteilen möchtest?

GY: Dieses Projekt hat einen Wahnsinnsspaß gemacht! Die Leute von Dark Horse und Nickelodeon waren wundervolle Arbeitskollegen. Und ich hoffe, ein Teil dieser Freude spiegelt sich auch auf den Seiten wieder!

 

GENE LUEN YANG

Gene Luen YangYang startete 1996 unter seinem eigenem Label "Humble Comics" mit Yamamoto and the King of the Geeks, wofür er später den Xeric  Grant erhielt. Seither schrieb und zeichnete er zahlreiche Comics bei First Second Books. Mit seiner Arbeit American Born Chinese konnte er 2006 Fans und Kritiker überzeugen und erhielt den American Library Association's Printz Award sowie einen Eisner Award für Best Graphic Album – New. Das kollaborative Projekt "The Eternal Smile" zusammen mit Derek Kirk Kim von 2009 und die 2010 erschienene Graphic Novel "Prime Baby" wurden ebenfalls mit dem Eisner Award ausgezeichnet. Seit 2012 arbeitet Yang zusammen mit den Avatar-Erfindern Mike DiMartino und Bryan Konietzko und dem Künstlerstudio Gurihiru an der Fortsetzungsreihe "Avatar: Der Herr der Elemente – Das Versprechen". Eine weitere Avatar-Reihe "Avatar: Der Herr der Elemente – Die Suche" ist bereits in Planung.

Neben seiner Tätigkeit als Autor und Zeichner unterrichtet Yang Computer Science an einer High School und als Dozent an der Hamline University in Saint Paul, Minnesota.

GURIHIRU

Die Künstlerinnen Sasaki und Kawano aus Saitama, Japan, arbeiten unter dem Studionamen Gurihiru überwiegend als Zeichnerinnen für US-amerikanische Veröffentlichungen. Zeichnung und Konturen stammen von Sasaki, die Koloration übernimmt Kawano. Nebenbei beschäftigt sich das Duo auch mit Illustrationen und Charakterdesigns für japanische Games und Animationsfilme.

 

Quelle: Presseinfo Crosscult