Sie müssen erzählen

Gift

Immer wieder ein beliebtes Thema vor der Ladentür: die Diskussion um den Sinn und Unsinn der Bezeichnung "Graphic Novels". Vor einiger Zeit ist nun wohl so etwas wie der deutsche Prototyp für diesen Stil erschienen: Peer Meter &  Barbara Yelin – Gift.

"Gift", das dürfte inzwischen bekannt sein (und so braucht es auch keinen weiteren Sticker auf dem schönen Cover), ist die Geschichte der 15fachen Giftmörderin Gesche Gottfried aus Bremen. Eine der letzten Frauen, die in Deutschland – 1831 -hingerichtet wurden. Aber eigentlich geht es in dem Comic weniger um sie – ihre Taten sind unbestritten – als um den Umgang bzw. den Nichtumgang der Gesellschaft mit dieser (kranken) Frau: wie kann es eine Stadt zulassen, dass in ihrer Mitte jahrelang eine Giftmörderin ihr Unwesen treibt, ohne das jemand eingreift. Es geht um die Emanzipation der Frauen und die Ignoranz der Männer. Ein Comic auf mehreren Ebenen und ein zutiefst deutscher Comic, getragen von dem was im Ausland oft als "german geist" bezeichnet wird.

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Schuiten-Ausstellung in Berlin

Vom 5. bis 7. November 2010 findet im Direktorenhaus Berlin eine Austellung mit Werken von François Schuiten, einem der ganz großen und meiner persönlichen Lieblingscomickünstler statt.

Gezeigt werden großformatige Siebdrucke und in einer neuen „electronic ink“-Technolgie realisierte Werke.

Mehr Infos gibt es bei GALARNO.

Die Comics von Schuiten erscheinen z.Z. im Verlag „Schreiber & Leser“. Lieferbar sind der Zweiteiler „Jenseits der Grenze“, sowie das vor einigen Wochen neu erschienene „Die Sandkorntheorie“. Außerdem haben wir noch Restbestände der alten Feest-Ausgaben „Der Turm“, „Dolores“, „Das Fieber des Stadtplaners“ und „Der Schattenmann“ auf Lager.

Haarmann

Haarmann

Der Comictipp des Monats Oktober von Peter Hetzler.

Es ist den Berichten des Schriftstellers und damaligen Prozessbeobachters Theodor Lessing zu verdanken, dass das Verfahren gegen den Massenmörder Fritz Haarmann nicht so abgelaufen ist, wie die Behörden es gerne gehabt hätten: unauffällig und „unter Vermeidung der Bloßstellung von Ämtern und Behörden“. Es waren nämlich vor allem die Polizeibehörden von Hannover, die in den 1920er Jahren sämtliche Hinweise bezüglich der Machenschaften von Haarmann unter den Teppich gekehrt haben. Nicht zuletzt deshalb, weil Haarmann als Geheimagent auf ihrer Gehaltsliste stand und dadurch in der Lage war, im Bahnhofsviertel nach jungen Männern Ausschau zu halten, die ihren Anschlusszug verpasst hatten und froh waren, eine kostenlose Bleibe für die Nacht angeboten zu bekommen.

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Die Zeit und Gott

Cover Die Zeit und Gott

Genesis, Alpha, Archetyp – Gott und seine Schöpfung sind im Comic z.Z. en vogue. Ein weiteres, wirklich amüsantes Büchlein über den Herrn (oder die Dame, oder beides, wie wir im vorliegenden Band erfahren) ist vor wenigen Wochen im kleinen, aber feinen Zwerchfell-Verlag erschienen.

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Im Schatten des Donjon

Donjon FahrradständerAb sofort könnt Ihr Eure Fahrräder bei uns im schützenden Schatten des Donjon parken.

Die Auswahl des Motivs für unseren neuen Fahrradständer fiel nicht besonders schwer: die schwarzhumorige Fantasie-Persiflage „Donjon“ von Lewis Trondheim und Sfar (und inzwischen von vielen anderen Zeichnern) ist eine der besten derzeit erhältlichen Comicserien. Mit freundlicher Genehmigung des Berliner Reprodukt-Verlages verschönern nun Herbert & Co. das Stadtbild des Prenzlauer Bergs.

Wer die Serie immernoch nicht kennt, sollte sich jetzt dringend mal auf ein Fahrrad schwingen und hier im Donjon-Fachgeschäft vorbeikommen. Z.Z. legen wir übrigens auch noch Lewis Trondheim – Postkarten und den Donjon-Flyer mit praktischer Zeitstrahl-Serienübersicht in die Tüte (solange der Vorrat reicht).

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Neues aus dem Studio Ghibli [Update]

Gake no Ue no Ponyo

Fast hatte ich ja schon nicht mehr daran gedacht, aber zwei Jahre nach dem Kinostart in Japan kommt nächste Woche nun endlich auch bei uns "Ponyo" in die Kinos. Eine Geschichte über eine kleine Meerjungfrau und ihren Wunsch ein Mensch zu werden, entstanden unter der Regie von Hayao Miyazaki.

In Japan selbst ist im August derweilen schon das neueste Werk aus dem Studio Ghibli mit grossem Erfolg angelaufen: "The Borrowers" ist eine Umsetzung des englischen Kinderbucherfolgs von Mary Norton. Regie führte diesmal nicht Miyazaki, sondern der relativ junge Hiromasa Yonebayashi, der aber schon länger für Ghibli arbeitet.

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Die Herberge am Ende der Welt

Die Herberge am Ende der Welt

Der Comictipp des Monats September von Peter Hetzler.

Im Jahr 1984 reist der Schriftsteller Edgar Saint Preux von Paris an die bretonische Küste, um in Ruhe ein Buch zu schreiben. Er steigt in einem Gasthaus ab, das zu Recht den Namen ?Herberge am Ende der Welt“ trägt, denn rundum gibt es nichts und niemanden zwischen den regenumtosten Klippen der rauen Küste. Eine düstere Atmosphäre, in der der Herbergswirt – ein kranker alter Mann – ihm ein Zimmer zuweist, bevor er sich wieder hustend und fiebernd ins Bett zurückzieht.

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Nach der Sintflut

Das Ende der Welt

Wenn die Welse den Fluss verlassen: „Das Ende der Welt“ von Pierre Wazem und Tom Tirabosco erzählt eine poetische Geschichte auf hohem künstlerischen Niveau.

Alles ist dunkel und es regnet in Strömen. Bei einem Unfall wird das Auto einer Familie von einem Baum zerquetscht. Einige Jahre später ein ähnliches Szenario: sintflutartige Regenfälle. Die Welse steigen vom Grund der Flüsse auf – der Weltuntergang scheint bevorzustehen.

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Jenseits der Kulleraugen [Update]

Barbara

Bei Schreiber und Leser ist der erste Band eines Comics aus Osamu Tezukas Spätwerk von 1973 erschienen.

Auch in Japan hatten die 68er ihre Spuren hinterlassen. Der Manga hatte sich empanzipiert. Neue Genres entstanden. Die Szenarios wurden realistischer. Und Tezuka, der immer schon mit den verschiedenen Stilen expermentiert hatte, musste sich, nachdem gerade seine Filmfirma pleite gegangen war, neu orientieren.

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Frischer Wind aus fernen Welten

Ferne Welten #1

Unter dem Label ‚Paradogma‘ entsteht ein neues Science-Fiction-Magazin. Bereits im Mai ist die erste Ausgabe der Reihe „Ferne Welten“ erschienen.

Lange hat es gedauert, aber nun ist es endlich da – und das Warten hat sich gelohnt. Mit dem von Christoph Kotowski herausgegebenen „Ferne Welten“ gibt es jetzt endlich wieder ein deutschprachiges Sci-Fi-Magazin. Bereits die erste Ausgabe macht einen hervorragenden Eindruck.

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Fräulein Else

Fräulein Else

Der Comictipp des Monats August: Peter Hetzler empfiehlt die Adaption der Novelle von Artur Schnitzler durch Manuele Fior.

Ach, wie schööön. Das ist ja unglaublich, wie stilsicher Fior hier die Atmosphäre des Jahres 1920 in einem italienischen Kurort einfängt, in dem sich die Damen und Herren der Gesellschaft ein Stelldichein geben. Ganz im Stil der Wiener Secession gemalt, adaptiert Fior die Novelle von Arthur Schnitzler, in der sich alles um ein unmoralisches Angebot dreht – und um die Frage, wie Else damit umgeht.

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Marvelstahl

Der Comic ist erwachsen geworden, heißt es oft so schön. Nur bei einem der größten Verlage läuft das offenbar anachron.

Früher gab es mal die sogenannte „Coverfalle“ – Comics die wunderbare Cover hatten, innen aber mitunter erstaunlich schlecht gezeichnet waren. Auch die gut gezeichneten Comics hatten meist noch ein viel schickeres Cover – gelegentlich in von verschiedenen Künstlern gezeichneten Varianten. Das Cover vermittelt den ersten Eindruck des Heftes, und da wird natürlich und legitimer Weise entsprechender Aufwand betrieben.

Nur in letzter Zeit kann man beim Durchblättern des Marvel-Preview-Katalogs nur noch den Kopf schütteln. Die Helden sehen alle aus wie frisch aus der Mucki-Bude entsprungene Türsteher, die Superheldinnen sehen meist aus wie die Bordsteinschwalben aus der Oranienburger Straße. Über solche anatomische Entgleisungen und plumpeste Erotik kann man sich sicher noch vortrefflich streiten.

Was aber richtig bitter aufstößt, sind diese heroischen, von jeder Ironie oder Humor befreiten Posen und Szenarien, die dort abgebildet werden. Und wenn das dann noch in Sepia getüncht ist und Captain Amerika die Fahne im Kampf schwingt, dann ist das die fragwürdige Ästhetik einer Leni Riefenstahl. Ob sich dieser Geist im Innern der Hefte durchsetzt? Ich kanns nicht beantworten, denn die Coverfalle wirkt hier genau umgekehrt: ich habe keine Lust so ein Heft auch noch aufzuschlagen.

Der letzte Mohikaner

Der letzte Mohikaner

Die Story von Cooper in atemberaubendem Artwork
Der Comictipp des Monats Juli.
Autor: Peter Hetzler / Comickunst.

Um es gleich vorweg zu nehmen: Dieses Album ist einfach nur geil. Ein Artwork zum Niederknien. Seiten über Seiten, so schön gezeichnet, dass jede einzelne davon schon fast das Geld für das Album wert ist. Von den genialen Kompositionen der Doppelseiten gar nicht zu reden.

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